Von Pierre Ofzareck und Martina Dünwald
Marcel war ein kleiner Fratz, gerade mal 6 Jahre alt, hatte es aber faustdick hinter den Ohren.
Seine Eltern beschäftigte er beinahe täglich damit, ihn suchen zu müssen. Das "Donnerwetter", daß das immer nach sich zog, schien aber irgendwie von ihm abzuprallen. Seine Eltern waren ja so froh, wenn sie ihn wieder hatten.
Nun war es so, daß er auf dem Weg zum Kindergarten an einer U-Bahnhaltestelle vorbeikam. Und den Weg zum Kindergarten kannte er ganz genau. Es war ihm langsam langweilig geworden, in seinem Viertel herumzustreunen, weil er da ja schon alles kannte. Mit seinen Eltern war er auch schon häufiger mit der Straßenbahn gefahren, um die Oma oder die Tante zu besuchen.
Samstag Morgens früh, alles schlief noch, zog Marcel sich mehr oder weniger an und schlüpfte in seine Gummistiefel, weil er noch keine Schleife binden konnte. Er zog die Wohnungstür leise hinter sich ins Schloß und lief zur U-Bahnhaltestelle Bahnhof Mülheim. Kurze Zeit später kam auch eine Bahn in die er einstieg. Er lief durch die Bahn, guckte hier und da, ging nach vorne zum Fahrer und quatschte drauf los. Nach einer Weile wußte er genau, wo der Schalter zum Türöffnen war, der für die Haltestellenansage und der Fahrhebel. Da wo geklingelt und gehupt wird, hatte ihm der Straßenbahnfahrer auch bereitwillig gezeigt. Auch welche Lampe wann und wofür an geht, zog er dem Fahrer noch aus der Nase. Nach einer Weile endete die Fahrt in einer großen Halle. Marcel stieg aus und begann die Umgebung zu erkunden. Besonders der Ausgang, der aus einem alten Straßenbahnheckteil bestand, hatte es ihm angetan.
Nach einiger Zeit stieg er wieder in eine Straßenbahn, die gleich am ersten Bahnsteig stand. Er ging auch hier wieder zum Fahrer, mußte jedoch feststellen, daß das Fenster zu hoch für ihn war. Also setzte er sich hin und sah aus dem Fenster. Erst sah er kleinere Häuser, die mal näher, mal weiter entfernt waren. Nach einer Weile wurde das abgelöst durch Wiesen und Felder und als das vorbei war, fuhr er mitten auf der Straße. Die Häuser ringsherum waren nun größer. Die Bahn füllte sich. Hinter einer Eisenbahnbrücke waren keine Häuser mehr zu sehen. Die Bahn schwenkte nach links auf eine große Straße auf der zu beiden Seiten der Gleise ziemlich schnell ganz viele Autos fuhren und in einiger Entfernung konnte man die Eisenbahn sehen. Bereits nach kurzer Fahrt kamen wieder Häuser. Nach einiger Zeit ging es über den Rhein: "Toll Schiffe, geht sooo schnell, und eine Riesenkirche mit zwei schwarzen Türmen und ganz vielen kleinen Zacken drauf." Gleich darauf in die U-Bahn. Auf einmal wurde es Nacht hinter den Fenstern und in der Bahn ging das Licht an. Marcel wurde es etwas bang. Seine Augen wanderten von links nach rechts und erhaschten grüne und gelbe Pünktchen die vorbeiflogen. Sein Herz zog sich zusammen. Das Motorengeräusch der Bahn wurde heftiger und schien plötzlich von allen Seiten zu kommen.
Nach zwei Haltestellen stiegen fast alle Fahrgäste aus und Marcel, der das mitbekam hinterher. Den Bahnsteig voller Menschen ließ er sich aus der pinkfarbenen Haltestelle nach oben treiben. Oben angekommen stand er auf einem großen Platz. Viele Menschen eilten vorbei und um den Platz herum fuhren ganz ganz viele Autos. Auch fuhren hier Straßenbahnen. Jetzt kam eine Straßenbahn, die er vorher noch nie gesehen hatte. Also hin. Die Bahn war unheimlich hoch, hatte ein riesiges gebogenes vorderes Fenster und schien zu lächeln. Was ihm auch direkt auffiel, war die Tatsache, das er ohne eine Stufe erklimmen zu müssen, in die Bahn hineinkam. Sie schien ihn geradezu willkommen zu heißen. Ihn trieb es natürlich nach vorne zum Fahrer. Dort gefiel ihm, daß er hinter dem Fahrer sitzend, diesem zusehen konnte, wie er da vorne hoch oben thronend, schaltete und waltete.
Die Strecke führte fast schnurgerade bis zur Endstation. Dort angekommen, machte der Fahrer die Tür zum Fahrerstand auf und fragte ihn, wo er denn hinwolle. Plötzlich eine krächzende Stimme aus dem Lautsprecher: "Gesucht wird der 6 Jährige Marcel Hemmersbach. Etwa 1,10m groß mit blondem Lockenkopf. Er ist vermutlich bekleidet mit einer blauen Hose, einer grünen Jacke und gelben Gummistiefeln. Bei Antreffen des Kindes bitte Meldung an die Leitstelle, Tünnes Ende." "Das bin ja ich", sagte Marcel nun. "Hab ich’s mir doch gedacht", erwiderte der Fahrer. "Tust du jetzt schimpfen", fragte Marcel. "Nein", sagte der Fahrer, "Ich rufe jetzt die Leitstelle, sage daß du bei mir in der Straßenbahn bist und zeige dir anschließend meinen Fahrerstand, bis dich jemand abholt. Erzählst du mir mal, warum du so gerne Straßenbahn fährst? Bleibe bei mir vorne, schau zu, ich muß jetzt wieder los." Gesagt getan.
Nach einer Weile kam ein KVB-Bediensteter in Uniform und holte Marcel ab. Nach einer weiteren Weile hielt ein rot/weiß lackiertes Auto mit der Aufschrift "KVB Verkehrsaufsicht" vor Marcels Haustür. Kaum angehalten, ging diese schon auf. "Kind, Kind, dir müßte man die Ohren langziehen", sagte halb schimpfend, halb lachend seine Mutter. Danach hatte Marcel viel zu erzählen....
Liebe Leser,
diese Geschichte wurde frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig. Lediglich die örtlichen Begebenheiten sind authentisch in Köln.
Wenn Sie nun Lust haben, ein Rätsel zu lösen, habe ich folgende Fragen an Sie: